Was ist kommunale Kinder- und Jugendpolitik?
Gegenstand und Ziele
Kinder- und Jugendpolitik wird vom Schweizerischen Bundesrat als Politik des Schutzes, der Förderung und der Mitwirkung (Partizipation) verstanden 1, wobei laut Bundesverfassung folgende Ziele im Zentrum stehen:
- Kinder und Jugendliche haben einen Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung (Art. 11 Abs. 1 BV).
- Kinder und Jugendliche sind in ihrer Entwicklung zu selbständigen und sozial verantwortlichen Menschen zu fördern und ihre soziale, kulturelle und politische Integration ist zu unterstützen (Art. 41 Abs. 1 Bst. g BV).
- Diese Verfassungsziele ergänzen sich gegenseitig. Gefragt ist keine separate Entwicklung einzelner Bereiche, vielmehr geht es um den Aufbau einer ganzheitlichen und aktiven Kinder- und Jugendpolitik 2.
Gemeinde und Städte in besonderer Verantwortung
Um diese Ziele zu erreichen, das heisst, um Kinder und Jugendliche zu schützen, zu fördern und mitwirken zu lassen, werden Angebote erbracht. Dafür braucht es entsprechende Strukturen und Prozesse. Zuständig hierfür sind in erster Linie die Kantone und Gemeinden 3, wobei die Kantone oft eine unterstützende oder koordinierende Funktion einnehmen. Der Bund nimmt einige wenige Aufgaben subsidiär wahr (vgl. Schweizerischer Bundesrat 2008: 2).
Die Gemeinde ist ein zentraler Ort für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Sie bewegen und entwickeln sich nicht nur in der Familie und in der Schule, sondern an vielen Orten in der Gemeinde, beispielsweise in Vereinen, Freizeiteinrichtungen, Angeboten der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung und der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie im öffentlichen Raum auf Spielplätzen und Sportanlagen. Die Gemeinden tragen deshalb nebst den Kantonen eine besondere Verantwortung dafür, positive Aufwachsbedingungen für Kinder und Jugendliche zu fördern beziehungsweise zu schaffen. Diese können sie wahrnehmen, indem sie eine aktive kommunale Kinder- und Jugendpolitik betreiben.
Zielgruppe der Kinder- und Jugendpolitik
Eine umfassende Kinder- und Jugendpolitik richtet sich an Kinder und Jugendliche von Geburt bis zum vollendeten 25. Lebensjahr 4 und an deren Familien (vgl. Schweizerischer Bundesrat 2008: 3; www.kinderjugendpolitik.ch).
Themenbereiche der kommunalen Kinder- und Jugendpolitik
Eine aktive kommunale Kinder- und Jugendpolitik beinhaltet jene Angebote, Prozesse und Strukturen, die auf kommunaler Ebene beeinflussbar und gestaltbar sind. Dementsprechend werden in diesem Leitfaden nur diese in den Blick genommen. Nicht Teil kommunaler Kinder- und Jugendpolitik sind Angebote, die auf kantonaler oder nationaler Ebene gesetzlich verankert sind oder die in der Regel nicht auf kommunaler Ebene geplant werden, zum Beispiel ergänzende Hilfen zur Erziehung und andere Leistungen im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes. Nach diesem Verständnis umfasst die kommunale Kinder- und Jugendpolitik folgende Themenbereiche (siehe Abbildung 2):
1 www.kinderjugendpolitik.ch/themen-und-grundlagen/definitionen/kinder-und-jugendpolitik-im-ueberblick
2 www.kinderjugendpolitik.ch/themen-und-grundlagen/definitionen/kinder-und-jugendpolitik-im-ueberblick
3 Um die Lesbarkeit des Textes zu erhöhen, wird im Folgenden nur das Wort «Gemeinden» verwendet, womit die kommunale Ebene gemeint ist, die auch die Städte einschliesst.
4 Weiter gehören dazu Jugendliche bis zum vollendeten 30. Altersjahr, die ehrenamtlich in leitender, beratender oder betreuender Funktion in einer privaten Trägerschaft tätig sind (vgl. KJFG, Art. 4b).
Die Angebote charakterisieren sich dadurch, dass sie allgemein zugänglich sind, der Förderung, Beratung und Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Familien dienen und freiwillig in Anspruch genommen werden. Sie leisten einen Beitrag zu Förderung, Partizipation und Schutz von Kindern und Jugendlichen, je nach Angebot mit unterschiedlicher Gewichtung 5. Die Prozesse und Strukturen zielen auf ein bedarfsorientiertes Zusammenspiel dieser Angebote an den Schnittstellen von Verwaltung, Politik und Bevölkerung und fördern dadurch eine nachhaltige kommunale Kinder- und Jugendpolitik.
5 Bei professionellen Angeboten, die durch Fachpersonen erbracht werden, wird auch von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe gesprochen.
Warum aktive Kinder- und Jugendpolitik betreiben?
Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Förderung ihrer Entwicklung. Verschiedene gesetzliche und fachliche Grundlagen unterstreichen dies 6. Eine Gemeinde mit einer aktiven Kinder- und Jugendpolitik nimmt somit ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr. In fast jeder Gemeinde gibt es Aktivitäten und Angebote für Kinder und Jugendliche. In einer aktiven Kinder- und Jugendpolitik geht es darum, diese in einen Gesamtzusammenhang zu bringen, überblickend zu betrachten sowie bedarfsorientiert zu planen und weiterzuentwickeln. Dies lohnt sich, denn eine aktive Kinder- und Jugendpolitik fördert:
- Demokratiebildung von Kindern und Jugendlichen: Eine aktive Kinder- und Jugendpolitik entwickelt und verankert Strukturen, die demokratische Aushandlungsprozesse (zwischen den Generationen) ermöglichen. Durch den Einbezug von Kindern und Jugendlichen bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Kinder- und Jugendpolitik entwickelt diese ihr demokratisches Grundverständnis. Damit schafft eine aktive Kinder- und Jugendpolitik Lernorte und -gelegenheiten von Demokratie.
- Systematische Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention: Alle Kinder und Jugendlichen haben ein Recht darauf, gesund und sicher aufzuwachsen, ihr Potenzial zu entfalten sowie angehört und ernstgenommen zu werden. Dieses Recht hält die UN-Kinderrechtskonvention fest. Die Schweiz ratifizierte diese im Jahr 1997. Aufgrund einer fehlenden nationalen Umsetzungsstrategie sowie des Föderalismus liegt die Hauptverantwortung für die Umsetzung der Kinderrechte in der Schweiz bei den Kantonen und Gemeinden. Durch eine aktive Kinder- und Jugendpolitik leisten die Gemeinden ihren Beitrag zur systematischen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention.
- Attraktivität der Gemeinde: Ein auf die Bedürfnisse der Wohnbevölkerung abgestimmtes Angebot fördert die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und macht die Gemeinde für Kinder, Jugendliche und Familien zu einem attraktiven Wohnort.
- Zusammengehörigkeitsgefühl: Kinder und Jugendliche, die bei sie betreffenden Angelegenheiten beteiligt und als Bevölkerungsgruppe mit eigenen Bedürfnissen wahrgenommen werden, identifizieren sich (stärker) mit der Wohngemeinde. Aus der Forschung ist bekannt, dass sich das Engagement der Menschen in der Gemeinde und die Identifikation mit derselben wechselseitig fördern. Kinder und Jugendliche werden von verwalteten zu gestaltenden Bewohner:innen, was die Chancen einer gelungenen Integration unterstützt (vgl. Steiner 2008).
- Friedliches Zusammenleben: In Gemeinden treffen unterschiedliche Bedürfnisse aufeinander. Dabei können Konflikte und Schwierigkeiten entstehen. Eine aktive Kinder- und Jugendpolitik erkennt die Potenziale, die in der Vielfältigkeit der Wohnbevölkerung liegen, und fördert (mit Fokus auf die Anliegen von Kindern, Jugendlichen und Familien) einen stetigen Aushandlungs- und Verständigungsprozess in der Gemeinde. Damit unterstützt sie das friedliche Zusammenleben. Konstruktiv bearbeitete Probleme stärken zudem das Selbstvertrauen der Beteiligten und fördern das positive Potenzial für die Zukunft (vgl. Steiner 2008).
- Vernetzung und Effizienz: Werden die Angebote, Aktivitäten, Prozesse und Strukturen in einem Gesamtzusammenhang betrachtet, so können diese zielgerichtet und bedarfsorientiert geplant und aufeinander abgestimmt werden. Dies fördert die Entstehung und strukturelle Verankerung von Netzwerken, verhindert Doppelspurigkeit, ermöglicht Synergienutzung und fördert Effizienz.
6 Auf internationaler Ebene: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte; Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN), die rechtlich bindend ist und von der Schweiz 1997 ratifiziert wurde; Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Auf nationaler Ebene: Bundesverfassung, Artikel 11, 41 und 67; Kinder- und Jugendförderungsgesetz (KJFG); kantonale und kommunale Bestimmungen. Auf Ebene Berufsverbände: Empfehlungen der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendpolitik in den Kantonen; Standards der Kinder- und Jugendförderung der Konferenz der kantonalen Kinder- und Jugendbeauftragten (KKJF); Berufskodex des Berufsverbands Soziale Arbeit Schweiz AvenirSocial; Charta Soziokulturelle Animation der Stiftung Soziokultur Schweiz (vgl. DOJ/AFAJ 2018: S.4). Grundlagenbroschüre des Dachverbands Offene Kinder- und Jugendarbeit Schweiz (DOJ/AFAJ 2018).
Was ist ein kinder- und jugendpolitisches Konzept?
Die Aufwachsbedingungen von Kindern und Jugendlichen gestalten sich aufgrund des Föderalismus (und des Subsidiaritätsprinzips) wie auch bedingt durch regionale Begebenheiten (z. B. geografische und wirtschaftliche Lage) je nach Gemeinde unterschiedlich. Deshalb gibt es kein schweizweites oder allgemeingültiges Modell und keine «Mindestausstattung» einer kommunalen Kinder- und Jugendpolitik. Vielmehr ist jede Gemeinde aufgefordert, ihre Kinder- und Jugendpolitik auf die Bedürfnisse und Bedingungen vor Ort abzustimmen.
Konzept als strategisches Werkzeug
Ein kinder- und jugendpolitisches Konzept ist ein wichtiges strategisches Werkzeug, das die Weichen für eine zielorientierte, nachhaltige und sichtbare kommunale (oder regionale) Kinder- und Jugendpolitik stellt und deshalb in jeder Schweizer Gemeinde vorhanden sein sollte. Es knüpft in der Regel inhaltlich am Gemeindeleitbild an.
In einem kinder- und jugendpolitischen Konzept werden die Strategie sowie der verbindliche Massnahmenplan festgehalten. Es gibt Gemeinden, die dieses Dokument Leitbild oder Strategie nennen. In diesem Leitfaden wird der Begriff Konzept verwendet 7.
7 Für die Begriffe Konzept und Leitbild gibt es keine allgemeingültigen Definitionen und sie werden teilweise synonym verwendet. Dem hier verwendeten Begriff des Konzepts liegt ein Verständnis zugrunde, das neben der langfristigen
Vision und den Leitsätzen (eher Ebene Leitbild) auch konkrete Ziele und Massnahmen (eher Ebene Konzept) umfasst.
Themenbereiche eines kinder- und jugendpolitischen Konzepts
Ein kinder- und jugendpolitisches Konzept auf kommunaler Ebene behandelt die in Abbildung 2 erwähnten Themenbereiche der Kinder- und Jugendpolitik und setzt gegebenenfalls bestimmte Schwerpunkte. Werden nur ausgewählte Themenbereiche in den Blick genommen, so handelt es sich um ein Teilkonzept (z. B. zu familien- und schulergänzender Kinderbetreuung). Dieses lässt sich in ein bestehendes oder noch zu entwickelndes kinder- und jugendpolitisches Gesamtkonzept einbinden.
Die Angebote charakterisieren sich dadurch, dass sie allgemein zugänglich sind, der Förderung, Beratung und Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Familien dienen und freiwillig in Anspruch genommen werden. Sie leisten einen Beitrag zu Förderung, Partizipation und Schutz von Kindern und Jugendlichen, je nach Angebot mit unterschiedlicher Gewichtung. Die Prozesse und Strukturen zielen auf ein bedarfsorientiertes Zusammenspiel dieser Angebote an den Schnittstellen von Verwaltung, Politik und Bevölkerung und fördern dadurch eine nachhaltige kommunale Kinder- und Jugendpolitik.
Aufbau und Inhalt eines kinder- und jugendpolitischen Konzepts
Ein kinder- und jugendpolitisches Konzept beinhaltet eine langfristige Vision und damit verbunden Leitsätze (Zeithorizont bis 10 Jahre) sowie konkrete Ziele und Massnahmen (Zeithorizont 2 bis 5 Jahre). Es fördert dadurch eine nachhaltige Planung, Koordination und Steuerung der kommunalen Kinder- und Jugendpolitik. Die Grundlage des Konzepts ist eine Bestandsaufnahme (Ist-Analyse) und eine Bedürfniserfassung (Soll-Analyse). Das finale Dokument hat einen Umfang von ca. 10 bis 20 Seiten. Kommunale Konzepte können entweder für eine einzelne Gemeinde oder für eine Region (z. B. Gemeindezusammenschlüsse, Kooperationen zwischen Gemeinden) gelten. Beispiele des Inhalts eines Konzepts wie auch der konkreten Umsetzung finden sich auf leitfaden-kjp.ch (vgl. Hilfsmittel: H3.11_Hinweis_Inhalt eines Konzepts, H3.14a_Beispiel_Kinder- und Jugendpolitisches Konzept der Gemeinde Bulle und H3.14b_Beispiel_Kinder- und Jugendpolitisches Konzept der Gemeinde Eglisau).
Wann braucht es ein kinder- und jugendpolitisches Konzept?
Die Entwicklung eines kinder- und jugendpolitischen Konzepts ergibt Sinn, wenn:
- noch keine Informationen zur Kinder- und Jugendpolitik in der Gemeinde vorliegen;
- die Gemeinde noch über keine Vision oder keine Ziele für die Kinder- und Jugendpolitik verfügt;
- die Gemeinde ein vorhandenes Konzept überprüfen und überarbeiten möchte, weil es beispielsweise älter als sieben bis acht Jahre ist (Grundsatz: Je abstrakter ein Konzept formuliert ist, desto länger ist dessen Gültigkeit, je mehr Aussagen zu konkreten Massnahmen gemacht werden, desto häufiger ist eine Überprüfung notwendig und sind Anpassungen sinnvoll.);
- sich die Rahmenbedingungen verändert haben (z. B. neue gesetzliche Grundlagen, veränderte politische oder verwaltungstechnische Vorgaben);
- eine Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen und Anliegen von Kindern, Jugendlichen und Familien einerseits und dem (nicht bedarfsgerechten oder nicht vorhandenen) Angebot andererseits besteht;
- eine Begründung für die Ausrichtung der bereits bestehenden Kinder- und Jugendpolitik gewünscht wird.
Was ist das zugrundeliegende Planungsverständnis?
Die Entwicklung eines Konzepts ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer zielgerichteten, aktiven kommunalen Kinder- und Jugendpolitik. Ein Konzept sollte regelmässig überprüft, angepasst und weiterentwickelt werden. Deshalb sind kinder- und jugendpolitische Konzepte Teil(-Ergebnisse) eines kontinuierlichen und zirkulären kommunalen Planungsprozesses.
Der vorliegende Leitfaden orientiert sich an folgendem Planungsverständnis 8:
Phasen
Ein zirkulärer Planungsprozess durchläuft in der Regel in einen Zeitraum von mehreren Jahren die folgenden Phasen:
8 Dieses Planungsverständnis basiert auf dem Verständnis der Jugendhilfeplanung aus Deutschland (vgl. Schnurr et al. 2010: 91). Dieses lässt sich gut auf die Planung und Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendpolitik in der Schweiz übertragen und wurde von den Autor:innen entsprechend angepasst und weiterentwickelt.
Nachdem in Phase 1 das Projekt vorbereitet wurde und der Projektstart erfolgte, wird in Phase 2 eine Bestandsaufnahme (Ist-Zustand) und eine Bedürfniserfassung (Soll-Zustand) durchgeführt. Auf dieser Grundlage fusst die partizipative Konzeptarbeit in Phase 3. Sie umfasst folgende Arbeitsschritte: Entwickeln der Vision und der Grundsätze, Herleiten des Handlungsbedarfs und Ableiten der Ziele und Massnahmen sowie Verfassen des Konzeptentwurfs. Mit der Verabschiedung durch eine behördliche Instanz (Gemeinderat) in Phase 4 wird das Konzept auf politischer Ebene genehmigt. Anschliessend werden die Massnahmen umgesetzt und es erfolgt die Evaluation derselben. Zeigen sich dabei Veränderungsbedarf, neue Bedürfnisse oder Probleme, baut ein erneuter Planungsprozess auf diesen Erkenntnissen auf.
Ein Konzept fasst die Ergebnisse aus den Phasen 2 und 3 kompakt in einem Dokument zusammen. Dieses ist nach Ende der Phase 4 mit der politischen Verabschiedung fertiggestellt. Es stellt die gemeinsam getragene Grundlage für die Gestaltung der zukünftigen kommunalen Kinder- und Jugendpolitik dar.
Prinzipien
Das Ziel von Planung in der Kinder- und Jugendpolitik ist es, ein qualitativ und quantitativ bedarfsgerechtes Angebot bereitzustellen und positive Lebensbedingungen für Kinder, Jugendliche und Familien zu schaffen und zu erhalten. Der vorliegende Leitfaden orientiert sich an einem Grundverständnis von Planung mit folgenden in der Praxis erprobten Planungsprinzipien:
- Bedarfsorientierung: Die Angebote und Leistungen sollten sowohl qualitativ als auch quantitativ systematisch an die lokalen Bedarfslagen anschliessen. Letztere werden in einem Aushandlungsprozess zwischen den Bedürfnissen der Zielgruppen, den Erwartungen von Politik und Verwaltung sowie einer fachlichen Perspektive festgelegt, um wirksam und effizient zu sein.
- Beteiligungsorientierung: Die Planung bezieht alle betroffenen Personengruppen (d. h. Kinder, Jugendliche, Familien, Politik, Verwaltung, Fachpersonen aus Organisationen usw.) aktiv mit ein.
- Prozessorientierung: Die Planung ist ein aufeinander aufbauender und sich wiederholender Prozess von Analyse, Zielformulierung, Umsetzung, Evaluation und erneuter Zielformulierung.
- Zukunftsorientierung: Die Planung bezweckt eine systematische, innovative und zukunftsgerichtete Entwicklung im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik.
- Datenbasiertheit: Eine datenbasierte Analyse der Ausgangssituation stellt ein entscheidendes Qualitätsmoment von Planungsprozessen dar.
- Aushandlungsorientierung: Planung umfasst stets fachliche und politische Aushandlungen. Ein partizipatives Vorgehen dabei schafft breitere Akzeptanz und Legitimation.
- Reflexionsorientierung: Die erhobenen Daten sind nicht selbsterklärend. Sie werden erst durch Einbezug verschiedener Akteur:innen interpretierbar.
- Informationsprinzip: Über die Ergebnisse von Planung wird aktiv informiert und sie werden öffentlich zugänglich gemacht.
«Dank der Konzeptentwicklung ‹Grandir à Bulle› konnte die Gemeinde ermitteln, welche Punkte in der Kinder- und Jugendpolitik verbessert werden müssen. Das Projekt ermöglichte die Ausarbeitung einer Strategie, die uns in den kommenden Jahren durch ein ambitioniertes Programm leiten wird.»
Bezugspunkte
Die Konzeptentwicklung in der Kinder- und Jugendpolitik findet in einem (Spannungs-)Feld, bestehend aus unterschiedlichen Bezugspunkten, statt. Es geht darum, diese kontinuierlich und produktiv aufeinander zu beziehen (insbesondere in Phase 2 «Bestandsaufnahme und Bedürfniserfassung» und Phase 3 «Partizipative Konzeptarbeit»). Dabei kommt folgendes Prinzip der Aushandlungsorientierung zum Tragen (vgl. Abbildung 4):
Erstens sind die Bedürfnisse, Anliegen und Wünsche der Kinder, Jugendlichen und Familien in den Blick zu nehmen und systematisch einzubeziehen.
Zweitens gilt es das Fachwissen und die Perspektive der Fachpersonen, die Dienstleistungen im Bereich der kommunalen Kinder- und Jugendpolitik erbringen, einzubeziehen.
Drittens sollten die Akteur:innen aus Politik und Verwaltung und gegebenenfalls weitere aus dem Umfeld (z. B. Schule oder andere Kooperationspartner:innen) die Möglichkeit erhalten, sich aktiv in den Konzeptentwicklungsprozess einzubringen.
«Der neue Leitfaden eröffnet dank seinem systematischen Ansatz einen ganzheitlichen Blick auf die Kinder- und Jugendpolitik in den Gemeinden.»